Die Klangtürme

Die ‘Klangtürme’ von Johannes Kotschy beim Festival "Kraftklänge am Irrsee" (Salzkammergut),

Vorläufer des Klangkubus.

Die ‘Klangtürme’ von Johannes Kotschy waren erstmals beim Festival "Kraftklänge am Irrsee" im im Einsatz, im gleichen Jahr beim Musikfest in Salzburg im Orchesterhaus. Die drei Klangtürme sind Teil eines Projekts, das zu einem neuen Instrument, dem Escalophon, führen soll [ESCALIER = frz.: (Ton-)Leiter, KALO = griech.: schön]. Dieses Instrument — vergleichbar mit einem großen Ensemble von Röhrenglocken, wird bestückt mit etwa 256 Klangröhren im Umfang von 4 Oktaven und soll das Spiel mit 8 Naturtonreihen (die alle in Beziehung zueinander stehen) ermöglichen, aber auch das Spiel mit Untertonreihen. Die Röhren werden entweder von zwei oder drei Percussionisten manuell oder von einem Tastenfeld aus elektromechanisch zum Klingen gebracht.

Es stellt eine Weiterentwicklung des von Harry Partch [Amerikanischer Komponist und Instrumentenbauer (1901-1974), Anm.] in den 70er Jahren entworfenen und von Dean Drummond in den 80er Jahren in New York gebauten Zoomoozoophones dar — mit einer allerdings weitaus größerer Fülle an Klang- und Spielmöglichkeiten, denn es bezieht nicht nur die in unserem geläufigen Tonsystem nicht verwendeten Septim- und 11er-Intervalle mit ein, sondern auch den 13. Naturton und damit alle Töne der Naturtonskala von 1-16.

Anders als bei Aluminiumröhren ist die Abstimmung der hier verwendeten Messingröhren, zur Verfügung gestellt von den DIEHL-Metallwerken, Röthenbach an der Pegnitz bei Nürnberg, von vielen Faktoren abhängig:

  • von der Art der Legierung und dem spezifischen Gewicht,
  • vom Durchmesser,
  • von der Wandstärke,
  • von der Rohrlänge
  • und von der Bohrung (Schwingungsknotenpunkt).

Überraschend ist dabei der relativ einfache mathematische Zusammenhang zwischen Rohrlänge und Tonhöhe bei völlig gleich beschaffenen Rohren: das Verhältnis von den ein Intervall bildenden zwei Tonhöhen entspricht der umgekehrten Relation der Quadratwurzel der Rohrlängen. Dies ist fast analog zum Verhältnis schwingender Saiten oder Luftsäulen zu sehen — nur im Unterschied dazu gibt bei den Rohren die Quadratwurzel der Längenproportion den Ausschlag für die Tonhöhen.

Beispiel: Der reinen Terz 5/4 entspricht eine schwingende Saite von 4/5 ihrer Gesamtlänge (4/5 = 0,8). Die Rohrlänge des Terztones dagegen ist √4/5 der ursprünglichen Länge (√4/5 = 0,89443).

Doch die Praxis hat sich als wesentlich komplizierter erwiesen. Die erzielten Ergebnisse weichen manchmal trotz präziser Berechnung von den erwarteten Ergebnissen ab, denn die Charakteristik der Rohre bleibt trotz Eingrenzen durch die vorhin erwähnten Parameter manchmal doch recht unvorhersehbar. Die Arbeit an dem neuen Instrument wird wohl noch einige Jahre weitergehen.

Der Klang des Escalophons wird sich vom Klang angeschlagener Glocken und Röhrenglocken unterscheiden. Denn aus den beim Anschlag erzeugten Klangspektren bildet sich nach kurzer Zeit ein präziser Ton aus, der länger bestehen bleibt. Dieser wird mit dem Mikrofon "abgefangen" und mit den anderen ausgewählten Tönen kombiniert. Dazu wird in der Endausbauphase des Escalophon eine elektromagnetische Anschlagtechnik installiert und von einem Spieltisch aus gesteuert werden.

Bei der Biennale 2009 wird der neue Klangturm mit 5,2 m Höhe und seinen bespielbaren Klangröhren an gleicher Stelle ausgestellt werden und zu Klangexperimenten bereit sein.

Mit dem Escalophon lassen sich nicht nur die für das Zoomoozophone komponierten Stücke realisieren [Kompositionen für das Zoomoozophone von Dean Drummond, Harry Partch, John Cage, Ezra Sims, Joan LaBarbara u.a.], sondern auch die Resonanz-Wechselwirkungen benachbarter Töne beträchtlich verstärken: mit seinen 50 aufeinander abgestimmten Klangstäben pro Oktave bietet das Escalophon ein breites Experimentierfeld für neue Klänge und neue Musiziertechniken. Viele neue Kompositionen für dieses neue Instrument sind zu erwarten und bereichern das Programmangebot. Für den Hörer erschließen sich mit ihm neue Klangwelten mit einer überraschenden Vielfalt an Farben und Klangerlebnissen.